Gemeinsam durch den Behördendschungel
Ein eigenes kleines Restaurant, in dem seine Mutter die Gäste mit Speisen aus dem Iran verwöhnen kann – das ist Mohammad Salemis Traum. Damit er eines Tages wahr wird, lässt sich der 18-Jährige aktuell im martas Hotel Albrechtshof Berlin zum Fachmann für Restaurants- und Veranstaltungsgastronomie ausbilden. „Von sechs bis zehn Uhr servieren wir das Frühstück, dann räumen wir ab und decken alles für das Mittagessen“, sagt er fehlerfrei. Kein Wort verstanden hat Mohammad Salemi noch vor drei Jahren, als er nach Deutschland geflüchtet ist. Die Berufsschule, die anderen Azubis und Mitarbeitenden unterstützen ihn dabei, seine Sprachkenntnisse zu verbessern. „Außerdem bieten wir Auszubildenden mit Migrations- und Fluchthintergrund einmal pro Woche anderthalb Stunden Online-Deutschunterricht“, sagt Ausbildungsleiterin Anne Kahlich. Eine Dreiviertelstunde davon ist Arbeitszeit, die andere Hälfte Freizeit.
Bis zu sieben Auszubildende nehmen regelmäßig daran teil. Insgesamt erlernen 24 junge Menschen im Albrechtshof nahe der Friedrichstraße das Hotel- oder Restaurantfach, werden Kauffrau für Hotelmanagement oder Koch. „Sie kommen aus Deutschland, Vietnam, der Türkei, dem Iran und aus Pakistan“, erklärt Anne Kahlich. Während das Berliner Gastgewerbe fieberhaft nach Fach- und Arbeitskräften sucht, kann das mit dem Qualitätssiegel „TOP-Ausbildungsbetrieb“ ausgezeichnete Hotel jedes Jahr im September alle Ausbildungsstellen besetzen. Denn es bietet auch Geflüchteten die Möglichkeit, auf dem Berliner Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Um andere ebenfalls zu ermutigen, haben die martas Gästehäuser erstmals die Tagung „Fachkräfte für das Gastgewerbe – Geflüchtete in Ausbildung: Win-win für Berlin“ gemeinsam mit Joboption Berlin durchgeführt.

„Schließlich ist die Branche international. Und im Gastgewerbe haben überdurchschnittlich viele Auszubildende und Beschäftigte keinen deutschen Pass“, sagt Matthias Zwielong. Er ist Geschäftsführer der martas-Gruppe und Hoteldirektor des Albrechtshofs. „Ich selbst bin als Achtjähriger mit meinen Eltern und zwei Koffern aus Polen nach Deutschland gekommen“, sagt der 45-Jährige. Matthias Zwielong erinnert sich noch gut daran, wie es sich angefühlt hat, die Sprache nicht zu verstehen und aus Unsicherheit einfach darüber hinwegzulächeln. Das kennt auch Mohammad Salemi: „Manchmal sagen Menschen Dinge, die für sie eine Bedeutung haben, aber die ich gar nicht einordnen kann.“ Matthias Zwielong weiß: „Die größten Herausforderungen liegen bei den Themen Geschlechterrollen und Zeitgefühl. Deshalb informiert Anne Kahlich die Auszubildenden mit einer guten Mischung aus Feingefühl, Geduld und Sachlichkeit über die hiesigen Normen und Gewohnheiten, anstatt sie zu belehren oder zu beschuldigen.“
Damit aus kleinen Missverständnissen keine großen Konflikte werden, führt sie zudem immer wieder Gespräche im Team: „Wenn jemand in einem bestimmten Wertesystem sozialisiert worden ist und 20 oder 30 Jahre dort gelebt hat, kann man nicht einfach sagen: Alles, was du bisher in deinem Leben gelernt hast, ist falsch.“ Auch Mohammad Salemi ist ein Umfeld wichtig, das ihn unterstützt: „Ich habe das Gefühl, meine Werte und meine Bemühungen werden hier geschätzt und ich kann mich hier persönlich und beruflich weiterentwickeln.“ Im Rahmen des Seminars „Werte-Navi“ der Berliner Gasthausmission beschäftigen sich zudem alle Auszubildenden einmal pro Jahr intensiv mit den eigenen Werten und der eigenen Lebensgeschichte, um gegenseitiges Verständnis zu schaffen.

Denn wer nach Deutschland geflüchtet ist, muss zunächst mit ständiger Unsicherheit leben und bürokratische Hürden über- winden. „Ich habe Asyl beantragt und trotzdem eine Abschiebung bekommen“, erklärt Mohammad Salemi. Und das, obwohl Menschen, die eine Ausbildung in Deutschland machen, nicht des Landes verwiesen werden dürfen. Das Hotel und die Stadtmission kooperieren in solchen Fällen mit anderen Vereinen und ehrenamtlichen Anwaltsinitiativen, um Abschiebungen zu verhindern. Mohammad Salemi darf erst einmal bleiben, bis er seine Ausbildung im kommenden Sommer abgeschlossen hat. So lange wohnt er in einer WG des betreuten Einzelwohnens, während Mutter und jüngere Schwester in einer Gemeinschaftsunterkunft leben. Er sagt: „Nach der Ausbildung möchte ich gerne weiter hier arbeiten.“ Und Anne Kahlich ergänzt: „Wir sehen zu, dass alle anschließend einen festen Arbeitsvertrag bekommen.“ Vielleicht bleibt Mohammad Salemi aber weiterhin ihr Azubi. „Ich würde gerne noch Koch lernen“, verrät er. Dann wäre er bestens ausgebildet, um sein iranisches Restaurant in Berlin zu eröffnen.
Bewerbungen für eine Ausbildung bei martas sind jederzeit möglich: