Frieden
Von Kristin Shi-Kupfer
Woher nimmst du dein Lächeln
als du mitten im Duschwasser stehst,
dir die Brille beschlägt und der Gestank der Exkremente einem den Atem raubt
Hast du in dir einfach Frieden beschlossen
Egal was du hier siehst oder riechst
Denn das Leid in deiner Heimat
Hat längst alle Sinne sinnlos gemacht
Woher nehme ich die Ruhe
einfach anzufangen
mit seinen Füßen - er schreit als das Wasser über rote Krater und
schwarze Nagelstumpen läuft
Du hälst ihn fest
dann seine Hände - er weint als ich sie in ein Handtuch und zwischen
die meinen nehme und sie Finger um Finger abwasche
Du stehst ihm bei
dann seinen Rücken, sein Po und seine Beine - er ruft laut „aaaah“ als
du ihm mit dem Waschlappen sanft sauber machst
Ich bleibe bei euch
Zwischendurch zerbricht seine Zigarette, als ich sie ihm aus den
Händen nehme
Er schreit und ist kaum zu beruhigen
„Kriegst eine von mir“, sagst du
Und er wird ruhig
Du hast gespürt, wie er sich an der Zigarette festgeklammert hat
Das einzige, was ihm gerade geblieben ist
Ich kann nur die Spuren beseitigen
drohe zu versinken in den Strudeln des Wassers, des Dampfes und
allem, was Stück für Stück nun in den Abfluss fließt
Du lächelst mir zu
Und ich halte mich fest an deinem Blick
Als du wenig später
An der Theke stehst und seelenruhig Essen austeilst,
du das tust, was zu tun ist
Spüre ich sie, deine unbändige Freude
Leben zu spüren
und zu schenken
Ajiash aus Syrien
Du Lebensspender
Wer bist du?
(11.03.2018 nachdem Ajiash und ich einen komplett eingekoteten Mann gemeinsam geduscht und versorgt haben)