März

Der März, was für ein Monat! Schon der erste Tag - oder soll ich besser sagen die erste Nacht - hatte es ganz schön in sich. Nicht lange ist es her, dass die Schreckensnachricht aus der Ukraine die ganze Welt in Schockstarre versetzte. So viel hatte man davon noch nicht selbst gespürt, doch am ersten März, da fing es an. Die ersten Geflüchteten erreichen Berlin. Fred (ein FSJler), bekam über einen Arbeitskollegen mit, dass die Stadtmission vom Senat angefragt wurde, ob sie sich nicht mit in das Flüchtlings Management und die Erstversorgung einbringen könne. Wer ein bisschen die Stadtmission kennt, weiß, dass sie das natürlich tut. Innerhalb kurzer Zeit wurde eine ursprünglich gedachte Quarantänestation für obdachlose Menschen in eine Geflüchtetenunterkunft umgebaut und wir mitten dabei. 23:20 Uhr, das Handy klingelt: “Ihr könntet jetzt nach Friedrichshain in die Unterkunft kommen, wir brauchen mehr Unterstützung als gedacht.” Schnell packten wir unsere Rucksäcke voll mit Erstversorgungs-Mitteln, Medikamenten, Babynahrung und Klopapier und düsten mit der S-Bahn zur Unterkunft.

“Springer könntet ihr machen! Wir müssen die Geflüchteten in Zimmer aufteilen. Sagt ihnen, dass sie in Sicherheit sind, das es später etwas zu essen geben wird und wir sie auf Corona testen müssen.” Gesagt getan. Der erste Bus kam an und das Gewusel nahm seinen Lauf. Stimmungsbild: Ein Haufen unterschiedlichster Menschen, die nicht wissen, was mit ihnen geschieht muss sortiert und geordnet werden. Die Kommunikation mit Händen und Füßen, denn viele können weder Deutsch, noch Englisch. Kinder ohne Eltern. Familien, die in unterschiedlichen Räumen schlafen müssen. Ein wahnsinniges Durcheinander. Irgendwann gegen halb vier Uhr morgens heißt es: “So, jetzt dürften erstmal keine mehr kommen. Wir sind voll.” Unsere Arbeit für diesen Abend/ Nacht ist erledigt. Doch dieses Thema sollte uns nicht nur diesen Abend beschäftigen, nein, es prägte den ganzen März. Wir FSJler:innen übernahmen für 3 Wochen die Essensversorgung der Unterkunft und wechselten uns ab. “Wer fährt heute die Essenslieferung mit dem Kältebus?” wurde des öfteren gefragt. Das Thema Krieg war ständig präsent.

So besuchten wir einige Friedensdemos, arbeiteten bei der Geflüchteten Hilfskampagne “Hoffnung und Zukunft spenden” bei der Berliner Stadtmission mit und tauschten uns viel über unsere Gefühle und Gedanken aus. Wir feierten den Weltfrauentag, Evas Geburtstag und das Jahresfest der Stadtmission. Achja, und irgendwie kam der Trend auf, sich die Haare abzurasieren. Kira, Fred und ich hatten für kurze Zeit fast eine Glatze.

Es war ein intensiver Monat. Einer der uns prägte. Wer hätte gedacht, dass von heute auf morgen ein Krieg in Europa ausbrechen würde und wir uns nicht nur um viele obdachlose Menschen, sondern plötzlich auch um viele geflüchtete Menschen kümmern müssen. Wie es im April weiter geht, erfahrt ihr im nächsten Tagebucheintrag