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  • 13.05.2024

Futtern wie bei Luthern

Im Wittenberger „von Bora Restaurant“ können Gäste auch kochen lernen

Kochgruppe sitzt am gedeckten Tisch

Ora et labora: Bete und arbeite, das war schon zu Luthers Zeiten das Lebensmotto frommer Mönche. Wer heute für einen Kochkurs das von Bora Restaurant by martas der Berliner Stadtmission in Lutherstadt Wittenberg besucht, kann nach getaner Arbeit ordentlich schlemmen. So lassen sich Gabriele, Sohn Martin und dessen Frau Melanie zusammen mit ihrer Kochgruppe Wildkräuter-Salat mit gebratener Gänseleber schmecken, bevor sie die von ihnen zubereitete knusprige Gans mit hausgemachtem Grünkohl, Apfelrotkohl und Serviettenknödeln genießen.

Vor dem Festessen haben sie zusammen in der Küche gestanden und angeleitet von Koch Oliver Schmidt und Küchendirektor Christian Hirsch das Menü zubereitet. „Die meisten würzen die Gans von außen – aber das ist Quatsch, denn die Gewürze können nicht durch die Haut dringen“, erklärt Christian Hirsch seinen Schüler:innen und salzt dabei vorsichtig das Innere des Geflügels. Parallel bereiten Gabriele und Melanie die Servietten- Knödel vor und nippen zwischendurch an Cocktails, zu- bereitet von Restaurantfachfrau Constanze Romahn. Die sind beim Kochkurs inklusive. „Zuerst die Zwiebeln glasig dünsten, dann die Brotwürfel hineingeben, alles mit Milch übergießen und ruhen lassen“, sagt Gabriele. Später kommen Eier, Petersilie, Salz und Muskat dazu. Sie hat noch nie Serviettenknödel zubereitet und erzählt: „Den Kochkurs habe ich zum 70. Geburtstag von Martin und Melanie geschenkt bekommen.“ Beide waren zu- vor schon oft im von Bora, haben dort Familienfeste gefeiert wie das bestandene Abitur ihres Sohnes. Auch die Wittenbergerin Sandra lobt: „Der historische Ort ist toll und das Team hier ist sehr herzlich.“

Frau im Mittelalter Kostüm schenkt Wein ein

Das hat Tradition: Im Lutherhaus, das heute das von Bora beherbergt, wurden schon vor fünfhundert Jahren Gastfreundschaft und gutes Essen groß geschrieben. Ab 1532 luden dort Martin Luther und seine Ehefrau Katharina von Bora regelmäßig zu Tisch. Auch heute noch schaut die Gattin des Reformators ab und an in dem Gasthaus vorbei: „Welchem Fürsten seid ihr Untertan?“, fragt Darstellerin Katja Köhler die Gäste dann. Oder sie hebt ein Glas mit Rotwein und sagt: „Trinken ohne Trinkspruch, das ist süße Sauferei.“ Zur Feier von Katharinas 525. Geburtstag in diesem Jahr wird sie mehrfach wiederkommen.

Porträt Christian Hirsch

Traditionelles interpretiert Küchendirektor Christian Hirsch neu, wenn er seine Gäste verwöhnt: „Wir verbinden moderne deutsche Küche mit mediterranen Elementen.“ Frische Zutaten sind ihm wichtig. Sandra und ihre Freundin bevorzugen das Restaurant auch deshalb: „Es gibt keinen besseren Platz in Wittenberg und man kann leckere, regionale Küche genießen“, sagt die Physiotherapeutin. Sie kocht auch privat und probiert gern aus. An eine Gans hat sie sich noch nicht herangewagt. Die Kochschüler:innen haben eine in Alufolie gewickelt und Christian Hirsch erklärt: „Die Folie wirkt wie ein Bratschlauch und das Fleisch schmort im eigenen Saft.“ Dann leitet er Sandra beim Grünkohlzubereiten an. „Wir geben etwas Leberwurst dazu, das macht den Kohl würziger“, sagt der Dessauer. Christian Hirsch arbeitet seit 2005 im martas Hotel Lutherstadt Wittenberg, zu dem das Restaurant gehört, und ist damit einer der Dienstältesten im Haus. 2005 hat er die Leitung der Küche mit 16 Mitarbeitenden inklusive Auszubildenden übernommen. „Alle sind Eigengewächse, haben bei uns gelernt und sind geblieben“, erzählt er stolz. Christian Hirsch rührt nicht nur mit Leidenschaft in den Töpfen, er bildet auch aus und sitzt seit Sommer letzten Jahres im Vorstand des Kochvereins Anhalt-Dessau.

Drei Leute beim kochen

Dort ist er zudem erster Jugendwart, denn der Nachwuchs ist ihm wichtig. Zusammen mit Kolleg:innen zu lachen, versüßt ihm den Job. „Außerdem mag ich die Abwechslung und die Kreativität in der Küche“, erzählt er. Mehrere Monate lang probiert er mit seinem Team Gerichte aus, bevor sie auf der Speisekarte landen.

Dass sich im martas Hotel Lutherstadt Wittenberg und auch im Restaurant von Bora alle gut verstehen, ist auch Hoteldirektorin Selina Schlacht zu verdanken:„Sie hat immer ein offenes Ohr und hält alle wie eine Familie zusammen“, sagt Christian Hirsch. Das ist auch nötig, denn das Hotel hat ein breites Angebot: Bis zu 320 Tagungsgäste kann es empfangen, Familienfeste wie Hochzeiten ausrichten, Caterings für mehr als 400 Personen zubereiten und hat schon Königspaare und die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel bewirtet. Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt gehört ebenfalls zu den Stammgästen. Vielleicht kommt er ja am Frauentag oder zum Valentinstag mit seiner Gattin vorbei. Dann bietet das von Bora ein Fünfgang-Menü: Lachstatar, weiße Tomatensuppe, Caipirinha-Sorbet, Seeteufelmedaillons und als krönenden Abschluss Cheesecake.