Menschen und Geschichten
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  • 29.12.2022

Denkanstöße und Hintergründe zur Jahreslosung 2023

Grafik mit Jesus, der einem Menschen neben sich einen Arm um die Schultern legt.

von Stadtmissionarin Katharina Schridde

Sie flieht. Flieht in die Wüste, fort von den Zelten, fort von Sarai, der Hauptfrau des Patriarchen Abram.

Sie, die Fliehende, ist schwanger von Abram. Nicht dessen erste Frau, Sarai.

Nicht Sarai ist die Gesegnete, sondern sie, die Sklavin aus Ägypten, Hagar, die Fremde – so wurde sie genannt von ihren Besitzern. Der stolze Triumph über die ältere, kinderlose Frau blitzt Hagar aus den Augen und jetzt schlägt sie den Blick nicht mehr nieder vor der Herrin. Schau her, sagt ihr kühner Blick – ich, die Sklavin, werde den ersehnten Sohn gebären, magst du auch hundertmal die Herrin sein.

Diesen Hochmut hält Sarai nicht aus, droht mit Strafe – und Hagar flieht in die Wüste. Allein, preisgegeben, ziellos. Findet den Brunnen, an dem sie ausruhen will, und wird gefunden von einem Engel, dem Engel Gottes.

ER, Gott selbst, spricht sie an, fragt ohne Vorbehalt und Urteil nach ihrem Woher und Wohin und schickt sie zurück. Zurück zu Sarai und damit genau in die Situation, der sie entkommen wollte. Schickt sie zurück zur Begegnung auch mit sich selbst und ihrer eigenen Verantwortung – nicht ohne ihr und ihrem Kind eine bedeutende Zukunft zu verheißen.

Da gibt Hagar diesem Gott, von dem sie bis eben nichts wusste, einen Namen. Als erster Mensch in der Bibel überhaupt, noch dazu als Frau, als Fremde und als Sklavin ist es diese Hagar, die den Ewigen Gott durch einen Namen an sich und ihr Leben bindet: „Du bist ein Gott, der mich sieht“. El Roi.

Die Geschichte führt aus der Horizontalen einer für alle Beteiligten beschwerlichen Verstrickung von Schuld und Ohnmacht zu der Vertikalen der Gottesbegegnung. Und wieder zurück. Die Beziehungsdynamik zwischen den beteiligten Menschen ändert vorläufig kaum – aber sie ist erfüllt von dieser Erfahrung, dass diese unvollkommen Menschen, die wir alle nun einmal sind, dass wir in allem, was geschieht, in aller Schuld und aller Verheißung gesehen werden.


Angesehen werden, ohne Vorbehalt und Urteil, aber hineingenommen in eine Verheißung, die weit über unser eigenes Leben hinausreicht. Wir werden gesehen und angesprochen von einem Gott, zu dem wir „Du“ sagen und der sich kraft seines Namens binden lässt - einbinden lässt in unsere Geschichte mit IHM.


Welche Namen werde ich für diesen Gott in diesem Jahr finden? Du bist ein Gott... der mich führt in allem, was geschieht? Du bist ein Gott, die mich tröstet? Du bist ein Gott, der mich fordert zum Streit? Du bist Gott, die mich einlädt zum Tanz? Du bist... einfach und immer nur Du?


Vielleicht begegnen wir uns hier und da und erzählen uns von den hundert ganz einmaligen Namen Gottes, die ER uns schenkt. Ein behütetes und gesegnetes Jahr 2023!