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  • 08.05.2024

Himmelfahrt

Denkanstöße und Hintergründe zum Kirchenjahr

Sonnenstrahlen über den Wolken

„Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. Alle Ängste, alle Sorgen sagt man, blieben darunter verborgen und dann, würde was uns groß und wichtig erscheint plötzlich nichtig und klein.“ – Reinhard Mey, 1974.

Dieser Text von Reinhard Mey hat etwas von einer Himmelfahrt. Jesus, der etwas über 30 Jahre lang auf dieser Erde lebte, wurde verurteilt, umgebracht, ist nach drei Tagen wieder auferstanden und an Himmelfahrt geht’s zurück: zurück in den Himmel – in die Herrlichkeit, aus der er gekommen ist. Denn… über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein und darunter bleiben wir zurück mit unseren Ängsten und Sorgen und Gott wird alles egal… nichtig und klein.

Jesus steigt in Himmel auf

Himmelfahrt: In anderen Ländern wird dieser Tag als Auffahrt oder Aufstieg der Herrn bezeichnet und wird am 40. Tag nach Ostern gefeiert. Es ist ein Ereignis, das uns in unserer deutschen Sprache zusätzlich verwirrt. Wenn wir an den Himmel denken, dann gibt es da zwei: den einen Himmel, der über uns ist (Flugzeuge und so) und dann den anderen, den göttlichen Himmel, von dem man sagt, dass hier die Ewigkeit stattfindet. Im Englischen kriegen wir das gut auseinander und unterscheiden zwischen Sky und Heaven - und jetzt gerät wohl so einiges durcheinander: Jesus wird aufgenommen von den Wolken, alle schauen nach oben in den irdischen Himmel und zack, weg ist er. Und uns wird gesagt „Er wird so wiederkommen, wie wir ihn haben gehen sehen.“ Durch die Wolken des irdischen Himmels? Wenn in der Bibel von Wolken die Rede ist, dann wird darin meistens die verborgene Seite Gottes beschrieben. Jesus geht zurück zu seinem Vater, indem er aus der sichtbaren Welt in die unsichtbare, verborgene Welt eintritt. Damit ist kein Ortswechsel gemeint und nein, Jesus ist nicht als Rocketman in den Weltraum geflogen.

Aber die Frage bleibt im Raum, ob Gott uns mit unseren Problemen, Ängsten und Sorgen hier zurückgelassen hat? Dem entgegen steht das Wort Jesu aus Matthäus 28, 20, das uns verspricht: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis der Welt Ende.“

Lasst uns die Himmelfahrt nicht als eine Gottesflucht verstehen, sondern als die Einladung zu einer neuen Art zu glauben und vertrauen. Das was sichtbar oder messbar ist, kann in dieser Zwischenzeit keine Glaubensgrundlage mehr sein. Konnte es das überhaupt irgendwann mal? Wir sind in einer Welt, die von Ängsten und Sorgen unter den Wolken geplagt ist, dazu herausgefordert, an einen Gott zu glauben, der nie weiter weg ist als ein Gebet. Dessen Wirkkraft wir in neuer Faszination zehn Tage später, an Pfingsten, entdecken dürfen. Wir dürfen an einen Gott glauben, der uns unter den Wolken dazu befähigt, Unsichtbares sichtbar zu machen. Am deutlichsten wird dies in dem Wort „Barmherzigkeit“. In diesem Wort stecken die Worte „Arm“ und „Herz“. Vielleicht kann es so funktionieren: Die Ängste und Sorgen dieser Welt berühren unser HERZ und dies bewegt unseren ARM, der den Menschen dient und tätig wird. Lasst uns in dieser Zwischenzeit barmherzig sein, bis Jesus irgendwann, wie auch immer, wiederkommt… dann aber so richtig.

Ihr Daniel Scharf,
Stadtmissionar in Tegel