"Respektvoll und ehrlich ist das A und O"
Im Gespräch: Stadtmissionar Daniel Scharf aus der Gemeinde Tegel
Soziales Engagement wird in der Gemeinde Tegel groß geschrieben. Bettina Kopps sprach mit Pastor Daniel Scharf über Hilfe für Geflüchtete und den steinigen Weg der Veränderung.
Bettina Kopps: Herr Scharf, Sie sind Pastor, Sozialarbeiter und stammen gebürtig aus Norddeutschland. Was hat Sie nach Berlin verschlagen?
Daniel Scharf: „Der Job. Ich wollte gerne mehr mit Erwachsenen arbeiten, außerdem stammt meine Frau von hier. Über die Berliner Stadtmission hatte ich schon viel gehört und was ich wusste, gefiel mir. Da habe ich mich initiativ beworben und Angebote für zwei Stellen bekommen: Für eine Leitungsfunktion im diakonischen Bereich und als Gemeindepastor in der Stadtmissionsgemeinde Tegel.
Bettina Kopps: Sie haben sich für die Gemeinde in Tegel entschieden.
Daniel Scharf: Ja, Gemeinde ist für mich die Antwort, wenn Menschen Sinn und Orientierung brauchen. In Tegel habe ich eine Gemeinde gefunden, die auf der Suche nach ihrer Rolle in der Gesellschaft ist, offen, einladend und mit dem Wunsch, sich zu entwickeln. Schnell war klar, dass wir gemeinsam in einen Erneuerungsprozess gehen wollen. Das heißt, auf Veränderungen in der Gesellschaft einzugehen, dabei die Bibel im Blick zu behalten, ohne geistliche Barrieren zu bauen. Jeder darf kommen, so wie sie oder er ist, mit einer eigenen Geschichte. Die Gemeinde ist gastfreundlich, wir laden ein – auch zum Glauben.
Bettina Kopps: Also Friede, Freude, Eierkuchen …?
Daniel Scharf: Nicht immer, aber Harmonie ist schon wichtig und ich will deshalb auch alles in Abstimmung mit der Gemeinde machen. Aber es ist auch notwendig, mit Menschen offen ins Gespräch zu gehen. Respektvoll und ehrlich, das ist das A und O, um Beziehungen zu schaffen.
Bettina Kopps: Was mögen Sie an Ihrer Gemeinde?
Daniel Scharf: Bei uns ist das soziale Engagement groß und so können wir gute Projekte planen. Seit April wohnt beispielsweise eine Familie, die vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet ist, in unserem Gemeindehaus. Sieben Menschen, Erwachsene und Kinder, die wir unterstützen und begleiten. Außerdem hat die Stadtmission im Rahmen ihres Willkommensprogramms für Menschen aus der Ukraine an verschiedenen Standorten das „Café Ukraine“ eingerichtet. Auch unsere Gemeinde macht mit. Immer freitags treffen sich bei uns Geflüchtete – vor allem Familien mit Kindern. Sie reden, essen und trinken miteinander und vernetzten sich. Eine Gruppe von fast 150 Leuten hat sich auf einer Social-Media-Plattform verbunden und tauscht sich ständig aus.
Bettina Kopps: Macht sie etwas wütend?
Daniel Scharf: Diskriminierung, Rassismus, Hetze. Da endet meine Toleranz.
Bettina Kopps: Wie sehen Sie Ihre Gemeinde in fünf Jahren?
Daniel Scharf: Es gilt, herauszufinden, was Gott für die Gemeinde will. Dazu kann ich hoffentlich etwas beitragen. Die Gemeinde ist offen und bereit für Veränderungen, aber dieser Weg kann auch steinig sein. Alle müssen bereit sein, sich kritische Fragen zu stellen und sich möglicherweise auch von liebgewordenen, alten Traditionen zu verabschieden. Letzen Endes geht es darum, Menschen mit der Weitherzigkeit und Gnade Gottes bekannt zu machen. Wir glauben und wünsche uns, dass jeder die Chance haben soll, Gott kennenzulernen.
Zur Person
Daniel Scharf, Pastor und Sozialarbeiter, 38 Jahre. Ausbildung zum Theologen am Johanneum in Wuppertal, danach zwölf Jahre als Jugendreferent in der Ev. Kirchengemeinde Oberrahmede Lüdenscheid. Während dieser Zeit nebenberuflich Studium der Sozialen Arbeit in Bochum. Seit Januar 2022 Pastor in der Stadtmissionsgemeinde Tegel.